Samstag, 24. Januar 2009
 
Sinn Féin gegen EU-Vertrag PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Donnerstag, 14. Februar 2008

Irland ist das einzige Land, in dem über den Vertrag von Lissabon abgestimmt werden muß. Die Großparteien werben für ein "Ja", doch der Ausgang ist ungewiß.

In der kleinen Republik Irland wird entschieden, ob die EU-Verfassung, diesmal als "EU-Vertrag" auch im zweiten Anlauf scheitert oder doch endlich europäisches Recht wird. Denn während Frankreich nach der Schlappe beim ersten Mal keine Abstimmung mehr riskieren will - und kürzlich in einer Nachtsitzung des Parlaments ohne große Debatte eine Ratifizierung ohne Plebiszit beschloß - und auch sonst alle Regierungen der Meinung sind, daß das Volk nicht das richtige Verständnis für solche Fragen hat, besitzt Irland eine Verfassung, die selbst die kleinste Verfassungsänderung nur mit einer Volksabstimmung erlaubt.

Schon im Mai oder Juni soll diese Volksabstimmung stattfinden, kündigte Ministerpräsident Bertie Ahern (Fianna Fáil) an. Die großen Parteien, aber auch die beiden kleinen Regierungsparteien Progressive Democrats und Green Party tragen diese Unterstützung mit. Für die Grünen war es allerdings eine Zerreißprobe, denn in ihrer Basis gibt es eine große Gegnerschaft gegen den Vertrag. Die Parteiführung beschloß aber eine Unterstützung des "Ja" mit einem "Gesprächsangebot" an die Gegner.

Damit bleibt im Parlament nur mehr die oppositionelle Sinn Féin (SF), die klar gegen den Vertrag optiert. SF hat zwar nur 4 von 166 Mandaten im irischen Unterhaus inne, doch die Stimmung im Land ist keineswegs so klar wie im Parlament. SF könnte eine wichtige Stimme sein, um die unsicheren Wahlberechtigten auf die Seite des "Nein" zu ziehen. Immerhin machen diese Unentschlossenen laut Umfragen immer noch zwei Drittel aller Wähler aus.

SF gibt sich dabei keineswegs EU-feindlich. Nach wie vor ist die Unterstützung für die EU in Irland - trotz einer gewissen Ernüchterung in den letzten Jahren - hoch. Und daher beruhigt SF-Abgeordnete Mary Lou McDonald bei der Vorstellung einer Kampagne gegen den Vertrag: "Die Leute wissen, daß Irlands Stellung in der EU sicher ist, und daß es möglich ist, die EU zu unterstützen und gegen den Lissabon Vertrag zu sein.”

Irland ist Österreich sehr vergleichbar: Eine Einwohnerzahl im einstelligen Millionenbereich, militärisch neutral und nach heftigen Protesten in den 70er-Jahren frei von Atomenergie. Daher sind speziell in Österreich viele Argumente der SF wohl besser verständlich als anderswo in der EU.

Die Argumente der SF im Detail, wie sie letzte Woche veröffentlicht wurden:

"10 Gründe, warum der Lissabon-Vertrag ein schlechter Deal für Irland ist:
1. Er setzt unser automatisches Recht auf einen Volksentscheid auf künftige Änderungen in existierenden Verträgen einem Risiko aus.
2. Es gibt der EU zu viel Macht und reduziert unsere Fähigkeit, Entscheidungen anzuhalten, die nicht in Irlands Interessen sind.
3. Es gibt der EU 105 zusätzliche Kompetenzen auf Fragen wie internationale Verbindungen, Sicherheit, Gewerbe- und Konjunkturpolitik, und in mehr als 60 dieser Gebiete werden wir unser Recht verlieren, Gesetze nicht in unserem Staatsinteresse zu gestalten.
4. Es schafft einen EU-Außenminister und reguläre Militär- und Außenpolitik und erlaubt es der EU, auf dem internationalen Parkett wie ein Staat zu agieren und in unserem Namen zu sprechen.
5. Es erodiert die Neutralität, indem er uns in ein reguläres Verteidigungsystem zieht und uns dazu verpflichtet, Wehrausgaben zu erhöhen.
6. Es reduziert unsere Abstimmungsstärke im Rat der Minister um mehr als Hälfte.
7. Es beendet unser automatisches Recht auf einen Kommissar.
8. Es unterminiert massiv Arbeitsrecht und öffentliche Dienste.
9. Es erlaubt der EU, Atomenergie zu fördern.
10. Es unterminiert das Engagement der EU, globale Armut und Ungleichheit zu bekämpfen."


Kampagnenvorstellung der Sinn Féin:
http://www.anphoblacht.com/news/detail/24219

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